Selbstverletzung

Wenn sich die Gewalt gegen den eigenen Körper richtet

Ein weiterer Abend der sich mit dem Thema Gewalt auseinandersetzte, wurde online mit dem Psychologen Dr. Hartmann Raffeiner gestaltet und war dem Bereich „Selbstverletzung“ gewidmet.

Selbstverletzendes Verhalten ist ebenso eine Form der Gewalt, jedoch richtet sie sich im Gegensatz zu anderen Formen nicht gegen Außenstehende, sondern gegen den eigenen Körper und bleibt daher häufig lange unentdeckt. Diese Form der Verletzung wird manchmal „nur“ aus Neugier getestet, oder um auf sich aufmerksam zu machen (eher selten). Der Großteil der Jugendlichen, die sich selbst Schaden zufügen, versuchen ihr Verhalten so gut wie möglich zu verstecken, aus Scham und Schuld, um ja den Eltern keine Sorgen zu bereiten.

Selbstverletzendes Verhalten kommt vorwiegend im Alter zwischen 12 und 16 Jahren vor – Der Zeitraum der Pubertät ist bei Jugendlichen geprägt von großen Veränderungen – sowohl körperlich als auch die Emotionen betreffend. Erscheint einem als Kind die Welt noch einfach, so nimmt mit der Pubertät die Komplexität in allen Bereichen des Lebens zu. Die Gefühlswelt spielt in diesem Alter eine große Rolle, immer mehr eigene Erfahrungen werden gemacht und damit einhergehend kassiert man auch die ersten Fehlschläge. Überhaupt werden die Emotionen in diesem Alter sehr intensiv wahrgenommen. Bei negativen Gefühlen versucht die betroffene Person diesen (Herz)schmerz durch Selbstverletzung zu überdecken. Auch kann ein Grund für dieses Verhalten sein, die innere Leere zu verdrängen oder dadurch das Gefühl zu haben, wenigstens über irgendetwas im Leben die Kontrolle zu haben. Durch das selbstverletzende Verhalten erreichen die meisten einen Moment der Entspannung – der Druck lässt nach – wenigstens für einen kurzen Moment.

Für das Umfeld ist es aber oft schwierig, angemessen mit den Selbstverletzungen umzugehen. Zum großen Teil wird auf zwei Arten reagiert. Das Verhalten wird unterschätzt bzw. nicht wirklich ernst genommen oder es wird sofort skandalisiert bzw. dramatisiert und sämtliche Hilfsangebote umgehend aktiviert. Bei letzterem besteht die Gefahr, dass alles nur noch auf dieses Thema reduziert wird.  Das Wichtigste ist daher, dass das Umfeld nicht in Panik verfällt, sondern die betroffene Person direkt mit Ruhe darauf anspricht ohne Vorwürfe zu machen. Jugendliche suchen selten Ratschläge, sondern in erster Linie Verständnis. Wichtig ist es daher, dass jemand da ist, der der verlässlich ist und eine Orientierung gibt bzw. der Person hilft die Gefühle zu erkennen und zu „übersetzen“. Manchmal reicht dies auch schon aus und die betroffenen Jugendlichen lernen ihre Emotionen kennen und finden Wege, diese in ihren Aktivitäten zuzulassen und auszuleben. Sind die Gründe für das selbstverletzende Verhalten tiefer verwurzelt, ist es wichtig fachliche Hilfe hinzuzuziehen (auf www.infopoint.bz. findet man nützliche Tipps und Adressen)